Das Transskript zum Video:

Womit verdienen Anwälte ihr Geld? 
Beispiel?
Rudloffstraße Bremerhaven.  Rechts vor links.  Einige Autofahrer sind damit überfordert. Es kommt, wie es kommen muß:  zwei Autos treffen sich in der Mitte der Kreuzung. 

Keiner hat es kommen sehen. 
Göttliche Fügung! Aber Gott kann man schlecht verklagen:
er hat keine zustellungsfähige Anschrift.
Was sagt der Anwalt?

Die Sache bleibt einfach und überschaubar, bis die Anwälte kommen.
Die Aufgabe des Anwalts besteht nun darin, den einfachen Sachverhalt so zu codieren, 
daß sein Mandant

  • weder eine nachteilige Behauptung aufstellt, 
  • nicht lügt, 
  • nichts sagt, was ihm später um die Ohren fliegt
  • und das bekommt, was er will: Geld oder Reparatur

Aus einer 10 Zeilen Geschichte wird dann schnell ein vollkommen unverständlicher 10 Seiten Schriftsatz.
Der Gegenanwalt und der Richter müssen die Ausführungen später wieder zurück-übersetzen.

Die Wahrheit? Die kennt niemand so richtig.  Selbst bei simplen Autounfällen hat jeder seine eigene Wahrheit, und eigentlich kommt es auch nur darauf an, wie das Gericht, das sieht. Goethe meinte: 

Die Rechtsgelehrten, von Jugend auf gewöhnt an einen abstrusen Stil….
Dichtung und Wahrheit:  7 Buch

Codieren und Decodieren, das ist das juristische Geschäftsmodell. Die Begriffe stammen aus dem IT-Kosmos.
Arbeitsweise und Denkweise von Juristen haben viel mit dem Job des Programmierers zu tun.
Anwälte übergeben quasi ein Script mit “ihren Variablen” an den Compiler: dem Gesetz, bzw. dem Gericht
und hoffen, dass ein, aus ihrer Sicht, richtiges Ergebnis herauskommt.

Früher waren Speicher und Rechenleistung teuer und beschränkt. Skripte und Code schlank und elegant.
Mit den adipösen Rechenleistungen heutiger Tage werden auch die Programme größer und redundanter. 


Die gleiche Entwicklung, das Anwachsen von “Programmcode”, fand bei Schriftsätzen, juristische Schreiben in einem Verfahren, statt.
Wo früher 4/5 Seite ausreichten, ist es heute ein seitenlanges in Text transferiertes Gelaber. 

Man/Frau spricht sofort in den Rechner und auf juristisches Vokabular spezialisierte Programme transferieren das Gesagte in Text.
Die Texte werden immer länger. Das wirkt sich auf die Verfahrensdauer aus.
Legal Tribune Online berichtete am 6.9.2017
“Verfahrensdauer im Zivilprozess: 100 Seiten Par­tei­vor­trag = 2,7 Monate”
von Prof. Dr. Michael Berlemann und Prof. Dr. Robin Christmann06.09.2017

Je umfangreicher der Parteivortrag ist, desto länger dauert das Verfahren – hundert zusätzliche Seiten führen im Schnitt zu einer Verlängerung von 2,7 Monaten.

Allen Beteiligten würde sehr viel Lebenszeit geschenkt, wenn Anwälte ihre Texte selbst tippen und korrigieren müssten. KI’s können das besser!


Das Geschäftsmodell der Juristen beherrschen KI’s  schon heute richtig gut.  Die NYT:

Frühere Fortschritte in der KI führten zu Vorhersagen, dass die Rechtsbranche der lukrative Beruf mit den meisten Arbeitsplatzverlusten sein würde. Das ist nicht eingetreten. Ist es dieses Mal anders?

Steve Lohr NYT 10.3.23

Seit dem Beitrag in der NYT ist viel geschehen. KIs werden immer leistungsfähiger und können sich immer besser spezialisieren. Was manche KI-Programme abliefern, beim Decodieren von juristischen Texten in menschliche Sprache und beim Schreiben von Texten in juristische Sprache, ist beeindruckend. 
ChatGPT hat schon bessere Schriftsätze verfasst, als mancher Anwalt und ChatGPT ist keine auf juristische Modelle trainierte KI!


Es ist nur noch eine Frage der Zeit, dass eine KI eine andere KI verklagt. 
Und, wenn dann eine verliert? Zahlt sie dann in Rechenzeit? 
Kann eine KI zum Reset verurteilt werden?

Da kommt sofort das Bild von Data auf, aus dem Star Treck Universum.
Als die Rolle des Data konzipiert wurde, hat kaum jemand gewusst, was eine KI, wie wir sie heute verstehen, ist. Einige Probleme, die in der Serie angesprochen wurden, beschäftigen heute schlaue Köpfe.

Der Beruf des Juristen, so wie wir ihn kennen, wird schon bald aussterben. Er hat sich schon jetzt grundlegend geändert. 
Vermissen wird die Juristen wohl niemand.

Oder sind sie schon unter uns? Die Bots? Ein Kurzfilm von Victoria Warmerdam wirft Fragen auf!

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Und die Anwälte des Volkes?

Gewählte Volksvertreter sind auch nichts anderes als die Anwälte ihrer Wähler.
Aber sie benehmen sich mittlerweile auch immer mehr wie Anwälte:
Unverständliche, komplizierte, verklausulierte Reden, Vorlagen, Entwürfe.
Gesetze bei denen man kaum weiß, was sie eigentlich regeln.
Einfache Lebenssituationen, Sachverhalte werden so formuliert,
daß sie für Menschen außerhalb der Materie kaum noch zu verstehen sind.

Aus Gründen der Selbstdarstellung redet man gerne aneinander vorbei.
Beispiele gefällig? Aus der lokalen, kommunalen Praxis?

Die KITA-Diskussion in der letzten Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven! 
Man streitet vordergründig über den Standort einer Kita, für deren Bau Bäume gefällt werden müssen und der in der Nähe eines Rotlichtviertels liegt.
Und, wie sahen die Reden aus, letzten Donnerstag?

Worüber man streitet
Über den Bedarf der Kita wird minutenlang lamentiertunstreitig
Grünfläche, man kann nicht jeden Baum schützenKompromissfähig
JugendgefährdungAnsichtssache
Investorenmodell gegenEigenmodell, das ist das eigentl. Problem
fehlende Transparenz Wie die Entscheidung zustande gekommen ist, die Kriterien, welche Rolle der Investor spielte (gab es eine Ausschreibung?) -> das ist des Pudels Kern
Nur, geredet wurde über Selbstverständlichkeiten. Warum sollte man auch argumentieren, abwägen?
Das Ergebnis stand doch schon vorher fest.

Oder ein anderes Beispiel aus der Sitzung:
Aufstellung des Haushaltes ; der Liquiditätsengpass!

Das eigentliche Werk, die Haushaltsaufstellung, ist Formvorschriften geschuldet.
So gut wie nicht zugänglich für alle, die sich nicht mit der Materie intensiv beschäftigt haben. 
Das freut den Politiker.
Hinter dem Zahlenwust kann man sich und die Leichen im Keller prima verstecken.

Viele, meist unbedeutende Details, werden großmundig verkündet. Das sieht nach Kompetenz aus. Ziel ist aber oft nur, die eigentlichen Probleme zu vernebeln.
Information-Spam ist in der Politik sehr beliebt.

Wofür ist die Diskussion, sind die Reden gut?
Es steht schon vorher fest, wie entschieden wird. 
Die Mehrheit bestimmt, weil sie es kann. 

Und das ist ein Problem für die Demokratie!


Julian Nida-Rümelin in der SZ vom 6.12.2024:

Wer vom Recht des Stärkeren träumt, hat nichts verstanden.
Eine Verteidigung der liberalen Demokratie gegen ihre Verächter
– und gegen ihre allzu naiven Freunde-.

So der Titel des Beitrags in der SZ vom 6.12.2024

Dem vermeintlichen Recht der Mehrheit, über die Minderheit zu herrschen, setze ich folgendes Prinzip entgegen: Legitim ist eine Regel, eine Institution, eine Herrschaftsform oder ganz allgemein eine politische Ordnung nur dann, wenn ihr vernunftbegabte freie und gleiche Bürgerinnen und Bürger zustimmen können. 

Die bloße Mehrheit legitimiert zu nichts.

Und, hat man da nicht das Bild der armen Grünen Bremerhaven vor Augen, wie sie in Bremerhaven wacker und unermüdlich ihre vollkommen hoffnungslosen Anträge stellen?

Er schlägt deliberative Verfahren vor und setzt darauf, dass die Akteure 
sich ihre eigenen Meinungen bilden,
diese kundtun und
dann auch verteidigen.

Mit öffentlichen Deliberationen (Verhandlungen) legt sich die betreffende Person fest. Sie nennt Gründe, warum sie für das eine und nicht für das andere ist, und bindet sich damit im Idealfall selbst. Sie kann (oder sollte) dann nicht mehr entgegen dieser Begründung, die sie selbst vorgebracht hat, abstimmen. Im parlamentarischen Alltag wird dieses Prinzip der deliberativen demokratischen Praxis allerdings regelmäßig verletzt. 

Mit entsprechenden Folgen für die Glaubwürdigkeit der betreffenden Person und generell der demokratischen Politik.

Den schleichenden Verlust der Glaubwürdigkeit, den haben wir in mehreren Sitzungen der Stadtverordneten erlebt.
Wahlverfahren, die nur eine Farce sind.
Abstimmungsergebnisse stehen vorher fest, man wahrt die Disziplin der Mehrheit,
Diskussion werden als lästig empfunden. 
Die Rollen der Abgeordneten sind einem Drehbuch unterworfen.


Im Bund setzt sich dieses Prinzip fort. Die Konsequenzen sind bekannt.

Wer profitiert von dieser Entwicklung?

Die Populisten!
Sie schlagen genau in diese Kerbe!

Die AFD ist im Bund aktuell zweitstärkste Kraft.
Wir erleben weltweit einen Boom der Parteien, die einfache Aussagen machen, mit denen sie kundtun, sie hätten einfache Lösungen für komplizierte Probleme.
Parteiprogramme, die sich lesen, wie eine Gebrauchsanweisung für eine mittelalterliche Trutzburg mitten in Feindesland, mit einem Frauenbild, dass die Frau als eine Art Lieferdienst für den Clanerhalt sieht. 
Meinungsvielfalt?
Eher nicht, man sieht sich als Hüter der einzig richtigen Meinung.

Aber, Vorsicht!


Mark Lilla zeigt in einem Beitrag, der sowohl in der NYT als auch in der FAZ erschienen ist 
auf einen Aspekt, den wir nur ungern sehen: 
er zeigt auf uns selbst!

Wir wollen manchmal gar nicht so genau wissen, was eigentlich die Wahrheit ist.

Schönes Beispiel die Klimakrise:
Die ist schon längst auf der Höhe der Sportnachrichten gelandet.
Keiner Titelstory mehr würdig.
Krise? Welche Krise?
Wir haben es uns doch verdient!

Spätere Historiker werden uns wohl
als vollkommen bekloppt bezeichnen.

Der Trump in uns!

So, der Titel der FAZ zum Beitrag von Mark Lilla:
“Wir sollten nicht nur über die den Kopf schütteln, die sich Scharlatanen an den Hals werfen, sondern auch unsere eigene Ignoranz und moralische Blindheit reflektieren.”

…Aristoteles meinte, dass alle Menschen den Wunsch haben, zu wissen. Unsere eigene Erfahrung lehrt uns, dass wir ebenso den Wunsch haben, nicht wissen zu wollen, zuweilen sogar um jeden Preis. Das war schon immer so, doch gibt es historische Zeiten, in denen die Leugnung offensichtlicher Wahrheiten die Oberhand zu gewinnen scheint, so als würde sich ein psychologisches Virus auf unbekannte Weise verbreiten und jegliches Gegenmittel wäre machtlos. Wir leben in einer solchen Zeit…..

Wir verschließen uns oft der Wahrheit, um unser Selbstbild aufrechtzuerhalten:
das Festhalten an unsinnigen Vereinbarungen mit dem Koalitionspartner, das Festhalten an: 

das haben wir immer so gemacht, 
das habe wir noch nie so gemacht
wo kommen wir da hin!

Das, tötet die Diskussion, die eine lebendige Demokratie braucht.
Wir erleben es im Kleinen: in Bremerhaven, 
Wir erleben es im Großen: im Bund,
Wir erleben es in immer mehr Staaten.

Die Demokratie hat ein Problem!

Die Gefühl des Vertrauensverlustes, das auch ich spüre, spielt in einem Beitrag von Paul Krugmann in der
New York Times vom 9.12.24
die Hauptrolle.

My Last Column: Finding Hope in an Age of Resentment

Der Link führt zu einer PW freien Version des Artikels.
Er verabschiedet sich als Kolumnist.
Er fragt sich, wo der Optimismus der 2000 Jahre geblieben ist, und warum er durch Hass und Groll ersetzt wurde. Aber, er gibt die Hoffnung nicht auf:

Ich bin überzeugt, dass Groll zwar schlechte Menschen an die Macht bringen kann, sie auf lange Sicht aber nicht dort halten kann. Irgendwann wird die Öffentlichkeit erkennen, dass die meisten Politiker, die gegen die Eliten wettern, in Wirklichkeit in jeder Hinsicht Eliten sind , und sie für ihr Versagen bei der Einhaltung ihrer Versprechen zur Rechenschaft ziehen.

Kaum ein Beitrag hat so gut meine aktuelle Stimmung eingefangen.

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