Dieser Text war für Substack bestimmt, eine Plattform auf der ich ab und zu Beiträge poste.


Dies sollte eigentlich ein kleiner Text über Deutschland vor der Wahl werden. Kein schönes Thema, der Text ist in Arbeit. Ein Beitrag in The Atlantic hat mich daran erinnert, daß wir aktuell ein noch viel größeres Problem haben.

The Erasing of American Science
How far can the Trump administration bend U.S. research before it breaks?
By Katherine J. Wu
The Atlantic 14.2.2025 ( ohne PW)

Das Titelbild zeigt das Schiff Polarstern.
Die Polarstern ist das Forschungsschiff des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) wie es in seinem Heimathafen und meiner Heimatstadt Bremerhaven zwischen zwei Reisen gewartet wird.
Es pendelt zwischen der Arktis und der Antarktis und “rastet” in Bremerhaven.

Gegenstand der Forschung am AWI ist die Arktis/Antarktis und sind die Weltmeere.
In diesen Zeiten die zentrale Forschungsaufgabe, um den Klimawandel besser zu verstehen.
Meine Heimatstadt sollte also nah an den Fragen des Klimawandels sein.
Das ist sie leider nicht. Aber das ist ein anderes Thema.


Wir erleben aktuell in den USA einen beispiellosen Angriff nicht nur auf Wissenschaftler, auf ihre Jobs, sondern auch auf die Wissenschaft.
Schon während der Pandemie mussten sich Wissenschaftler Hass und Hetze von denjenigen aussetzen, die momentan in den USA regieren und in Europa immer stärker werden.
Was ist passiert? Meine Gedanken dazu:



Wissenschaft ist nicht deterministisch, nicht zielgerichtet.
Das ist das Grundmodell der Wissenschaft seit der Aufklärung.

Das unterscheidet sie prinzipiell vom Ingenieurswesen.
(Beide Gebiete lassen sich in der Realität natürlich nicht trennen und ich entschuldige mich schon jetzt für diese Vereinfachung, aber, ich will auf etwas anderes hinaus.)
Den Ingenieuren geht es darum, spezielle Problem zu lösen.
Eine Figur aus dem Donald Duck Universum: Daniel Düsentrieb (Gyro Gearloose);

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Viele Ausgaben der Donald Duck Geschichten, die Carl Banks entworfen hat, wurden von Dr. Erika Fuchs ins Deutsche übersetzt. Die Erika Fuchs Stiftung zeigt Ihre Arbeiten.
Diese Übersetzungen sind fantastische kleine Sprachkunstwerke.
Von Ihr stammt der Ausspruch: “Dem Ingenieur ist nichts zu schwör“
Es trifft den Punkt: ein Ingenieur arbeitet immer an der Lösung eines Problems.


Wenn wir schon bei den Helden meiner Kindheit sind:
Vielleicht kann sich noch jemand an : “The Absent-Minded Professor” ( in Deutschland: Der fliegende Pauker) erinnern.
Ein Film von Disney aus 1961, später verfilmt als “Flubber” mit Robins Williams.

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Diese oft in Filmen auftauchenden Wissenschaftler hatten eins gemeinsam:
ihrer “Erfindungen“ waren oft Zufallsprodukte.
Das kommt der Realität mancher Erfindungen seit der Entdeckung der Wirkung von Penicillin ziemlich nahe.
Eine schöne Aufstellung auf den Seiten des Goethe Institutes.

Aber leider ist die aktuelle Entwicklung alles andere als lustig:
Die amerikanische Regierung hat kein Problem damit, Pläne zu schmieden, wie man zum Mars oder zum Mond kommt, schränkt die Wissenschaft in den USA aber ein, finanziell und durch den Kampf gegen DEI
(Diversity, Equity und Inclusion; Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion)
auch in ihrem Themengebiete.

Musk träumt von der Eroberung des Weltraums, aber, das hat eigentlich weniger damit zu tun sich mit den grundsätzlichen Fragen zum Beispiel der allgemeinen Relativitätstheorie zu beschäftigen oder was der Weltraum eigentlich ist.
Den Mond zu erforschen, ist eine Sache.
Den Mond oder den Mars als bloße Ressource zu sehen, und sich zu fühlen wie die spanischen Konquistadoren auf der Suche nach Eldorado ist eine ganz andere Sache.

Musk sieht den Weltraum als bloße Ressource.
Wie eine Welt aussehen könnte, in der man den Weltraum, bzw. das, was man aktuell technisch erreichen könnte, als Ressource ansieht, zeigt meine Lieblingsserie “The Expanse”:

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Bisher haben Ingenieurswesen und Wissenschaft immer gut zusammen funktioniert:
die Forschung am CERN z.B. und die Erforschung der Quantenwelt bis hin zu Quantencomputern, ist ohne diese Zusammenarbeit gar nicht möglich.

Die aktuelle Politik in den USA, und auch das Mindset der rechten Parteien in Europa, scheint diese Zusammenarbeit beenden zu wollen.
Das beste Beispiel ist aktuell der Überlebenskampf der Wissenschaft in den USA, und in Europa der Aufstieg von Parteien, die den Klimawandel leugnen.

Musk Liebe zu Büchern wie der Foundation Trilogie von Asimov zeigt, wie er über Wissenschaft denkt.
Mal davon abgesehen, daß er die Literatur, die er liest, wohl nach seinem eigenen Gusto auslegt ( Douglas Adams kann sich leider nicht mehr wehren).
Wer einen Tausend Jahresplan als Zukunftsplan sieht, der hat das Prinzip der Wissenschaft nicht verstanden. Schon 5 Jahres Pläne haben bekanntlich nicht funktioniert.

Wissenschaft forscht und kann nie genau vorhersagen, wie das Ergebnis aussieht.
Sie ist nur an menschliche Ethik gebunden und nicht zu zerstören, was sie erforscht.
Ansonsten ist Wissenschaft frei.
Die Menschenrechte sind eine Grenze, die Wissenschaft einhalten muss.
Aber eine Ideologie, die auf Mythen, Lügen und dem Wunsch alles zu kontrollieren beruht, kann mit einer freien Wissenschaft definitionsgemäß nicht umgehen.

Nazi Deutschland ist ein gutes Beispiel, und den Brain-Drain den Nazi Deutschland erlebt hat, wird auch die USA erleben. Faschismus und Wissenschaft widersprechen sich. Die AFD ist Gift für einen Wissenschaftsstandort.

Eigentlich erleben wir aktuell einen Angriff auf die Grundsätze der Aufklärung.
Es war die Aufklärung, die die Menschenrechte bedingungslos erklärt hat, ohne Einschränkung einer göttlichen Legitimation.
Unsere Art zu leben, und wir leben weit besser als viele Generationen vor uns, ist das Ergebnis des Erfolgsmodells der Aufklärung mit einer freien Wissenschaft. Das Ingenieurwesen setzte auf diese Wissenschaft auf und war nicht nur auf Gewinnmaximierung einiger weniger gerichtet, sondern darauf, den Menschen ein gutes Leben zu erlauben.

Und diese Grundsätze werden nun in einem Land verleugnet, dessen gesamte Geschichte auf diesen Grundsätzen beruht.

Um auf Bremerhaven zurückzukommen. Die ehemalige Leiterin des AWi Prof. Antje Boetius hat das AWI verlassen und ist nun Leiterin des Monterey Bay Aquarium Research Institute.
Sie war das Gesicht des AWI zusammen mit Prof. Otto Pörtner, der auch ehemaliger Ko-Vorsitzender der IPCC-Arbeitsgruppe II  ist.
Mich würde schon interessieren, wie beide die Änderungen der Wissenschaftslandschaft wahrnehmen, 
Schon witzig: Bremerhaven ist eine kleine Stadt an der Nordseeküste, aber hier laufen viele Fäden zusammen, ohne dass es den Bewohnern bewusst ist.

Grüße von der Nordseeküste!

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