Der Fischbahnhof in Bremerhaven

Die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven am 10.2.2022 hat gezeigt:
die Demokratie in Bremerhaven funktioniert!
Obwohl zum Teil unterhaltsam streitig,  zeigte sich bei der Sitzung, wie demokratische Parteien miteinander umgehen können: fair und sachlich!
Dies betrifft  SPD, CDU , FDP und die Grünen/PP. 

Die AFD hat in dieser Sitzung ihr eigentliches Gesicht gezeigt, und so fand ich im Beitrag von MONITOR über die AFD vom 10.2.22 [LINK] diesen Eindruck, den ich in der Sitzung gewonnen habe, bestätigt.
Auch in Bremerhaven werden jetzt rote Linien überschritten,
aber da stehen die BIW der AFD in nichts nach.


Der Sitzungskalender wurde modernisiert und ist jetzt praktisch zu handhaben.
[LINK]
Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise auf diesen und die darin verlinkten Anträge.


Vorab stand das Schicksal der Lloyd Werft auf der Tagesordnung.
Niels Bothen, der Betriebsratsvorsitzende, schilderte das bisherige Geschehen, und betonte, die Bereitschaft der Belegschaft auf jeden Fall den Standort zu erhalten. 
Melf Grantz schaltete sich ein, konnte aber nichts Neues berichten, außer, daß sowohl das Rönner Umfeld, als auch Interessenten aus dem arabischen Raum aktuell im  Rennen sind.
Man müsse das Bieterverfahren abwarten.
Er sei optimistisch, was die Zukunft der Werft angeht.
Den Vorschlag eines Engagements der öffentlichen Hand lehnte Prof. Hilz mit Recht ab.

Leider wurde nie erwogen, die Werft als Forschungswerft zu betreiben.

Insgesamt ist die Resolution richtig und wichtig, als Signal.
Aber die Politik ist in der Sache hilflos.
Es fehlt bedauerlicherweise auch an Fantasie, was man mit relativ bescheidenen Mitteln mit der Werft machen könnte, außerhalb des unternehmerischen Bereiches.


Viele  Anträge, auch die der Grünen, – z.b. zu den Schuleingangsprüfungen – wurden durchgewunken, oder fanden zumindest eine wohlwollende Aufnahme.
Der Streit um das DSM und um das NaJade Projekt; nichts Neues und ich kann Melf Grantz zustimmen, dass man beim DSM in die Zukunft schauen sollte.
Susanne Ruser als Vertretung der Stadtverordneten im Stiftungsrat ist sicherlich nicht das richtige Ziel für Kritik, darin waren sich alle einig.
Es ist ein Versagen des Systems DSM


Unter den demokratischen Parteien Friede, Freude, Eierkuchen?
Könnte man fast meinen. 
Die Sollbruchstellen sind etwas versteckter, diffuser.
Unter dem Tagesordnungspunkt 3.4 versteckte sich solch eine Sollbruchstelle:
der Bebauungsplan für Hackfahrel.
An sich ist alles in trockenen Tüchern, doch Claudius Kaminiarz gab Folgendes zu bedenken:
Dies Baugebiet wurde, wie viele andere in Bremerhaven, auf §13a BauGB gestützt.
Diese Vorschrift erlaubt ein beschleunigtes Verfahren im Innenstadtgebiet.
Beschleunigt insoweit, als z.B. eine Umweltprüfung obsolet ist.
Hintergrund der Regelung ist der Gedanke, das Bauen in der Stadt zu vereinfachen, um zu vermeiden, dass Landschaft weiter zersiedelt wird.
Aber, jetzt wird diese Regelung gegen ihre eigentliche Intention genutzt.
Im Hachfahrel ist vom Baugebiet auch ein Biotop betroffen. 
Bauen vs.  Natur, das war nicht die Intention der Regelung. 

Melf Grantz wendet ein, daß durch die Bremerhavener Baupolitik vermieden wird, daß Menschen aus dem Umland einpendeln müssen.
Eine sportliche Argumentation, denn nicht das Pendeln ist das Problem, sondern, auf welche Art die Pendler in die Stadt kommen.
Einfamilienhäuser sind im Jahr 2022 die SUV’s unter den Häusern, aufgrund ihrer Bauweise. Das ungünstige Verhältnis zwischen Außenfläche und Volumen macht sie für eine klimaneutrale Bauweise untragbar, egal wie sie beheizt werden, oder wie gut sie isoliert sind.
Aber, die Stadt müsse wachsen, so Grantz.
Das alte Mantra, das in den letzten Jahrzehnten zu nicht Klima-resilienten Städten geführt hat.

In Bremerhaven ist fehlender Wohnraum nicht das Problem, die Folgen des Klimawandels sind mittlerweile ein Problem, und die machen auch vor Bremerhaven nicht Halt.

Auch der Hinweis auf das Werftquartier durfte natürlich nicht fehlen. Aber dies Projekt als  klimaneutral zu bezeichnen ist Etikettenschwindel, da das Bauen an sich nie klimaneutral ist. Von den sozialen Auswirkungen der Planung auf Bremerhaven mal ganz abgesehen.

Die gute alte Angebotspolitik: ich bau ein Wohngebiet/Gewerbegebiet, dann wird die Stadt auch wachsen funktioniert nicht, und kann kaum noch ernsthaft vertreten werden.

https://www.quarks.de/umwelt/darum-brauchen-wir-eine-bauwende/

https://www.architects4future.de/statement


Zusammengefasst:
Klimaschutz ist gut: 

  • wenn wir neu bauen können, natürlich klimaneutral
  • wenn wir modernisieren können
  • wenn wir neue Technik einbauen oder nutzen können
  • wenn wir investieren können und dies noch auch noch gefördert wird

Klimaschutz ist nicht gut:

  • wenn wir etwas unterlassen sollen (Verkehrswende und Bauen)
  • wenn es uns etwas kostet
  • wenn wir unsere Lebensweise ändern sollen

Dieses Muster zieht sich auch durch die weitere Sitzung.
Die Anträge zur Klimaneutralität und zu den Ergebnissen der Klima Enquete Kommission werden rundweg überparteilich begrüßt, und mit Interesse wohlwollend aufgenommen,
aber die Konsequenzen daraus werden von einigen Politikern genauso ignoriert, wie Putins Nordstream 2 von Olaf Scholz.


Der Antrag zur Unterstützung einer gendergerechten Sprache im Magistrat führte dann zum Eklat. 
Julia Tiedemann redete sich um Kopf und Kragen, und philosophierte über den Zusammenhang zwischen Geschlechterzuweisung, Sexualität und Sprache.
Das war für die Versammlung eine unwürdige Vorstellung, und sollte schnell vergessen werden.


Was Klima angeht, sind die Parteien auf dem Weg, es geht nicht von heute auf morgen, aber es hörte sich anders an, als in den letzten Sitzungen.

Also, eine durchaus positive Erfahrung.

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