Ein Fußballfan, der während der EM 2024 in Gelsenkirchen aus dem Zug steigt und mit einer eigentlich typischen Situation deutscher Bahnhöfe konfrontiert wird.
Seine spontane Feststellung: “Was für ein Drecksloch”.



Die Liste der Städte, die mit ähnlichen Beschreibungen stigmatisiert werden, ist lang.
Nur, warum nehmen wir das nicht ernst?
Bahnhöfe waren früher Eintrittspforten, pompös ausgestattet, der Stolz einer Stadt!
Bahnhöfe sind mehr als ein Regenschutz für Gleise und Reisende.
Lange vorbei!


Der Bahnhof in Cuxhaven, und seine Geschichte, sind eine Ausnahme.
Die Menschen in der Stadt übernahmen die Verantwortung. Verantwortung wollten weder die DB noch die Politik übernehmen. Eine Bürgerinitiative, die sich später als Genossenschaft formierte, erschuf ein Gebäude, das es bis in den Baukulturbericht der Bundesstiftung für Baukultur geschafft hat.


Umbau statt Abriß,
das ist nicht nur ein Mantra der Architektur im Jahr 2024.
Es bedeutet auch, die Seele der Stadt, ihre Menschen so zu akzeptieren, so wie sie sind.
Eine Stadt so zu gestalten, daß sich alle darin wiederfinden und wohlfühlen.

„Ich glaube nicht daran, dass man erst alles zerstören muss, um etwas Neues zu schaffen. Ich ziehe es vor, der rote Faden einer Geschichte zu sein“

Der Architekt Álvaro Siza , zitiert nach AD (Architectural Digest) Spain

Bremerhaven hat seinen Charakter, Gelsenkirchen hat seinen Charakter.
Beide Städte haben gemeinsam, daß ihr alter Kern (Kohle und Stahl; der Schiffsbau) mit der Zeit verschwand und sie sich neu erfinden mußten.
Ich muß zugestehen, daß mir Gelsenkirchen und das Ruhrgebiet immer noch nahestehen.
Als geborener Ahlener, in meiner Verwandtschaft hatte jeder irgendwie mit dem Pütt zu tun, kenne ich die Geschichte der Stadt und das Schicksal der Region.


Nun kommt also Taylor Swift nach Gelsenkirchen.
In der FAZ hat die Gelsenkirchener Sängerin Lary einen Brief an Taylor Swift geschrieben, und Swift IHRE Stadt erklärt. Leider PW.
Es ist ein Liebesbrief an Gelsenkirchen.
Hey Taylor, so geht Schalke Von Lary FAZ vom 15.07.2024


Zugestanden, ich bin ein Taylor Swift Fan, kein Swifti aber ein Fan.
Sie tut den Menschen gut.
Sie spricht die Gefühle ihrer Zuhörer mit ihren Texten an, trifft den Punkt.
Das ist, was Lyrik, und Musik, wenn sie gut sind, machen sollen: Gefühle ansprechen.
Nicht umsonst wird Swift, ihre Texte, im englischsprachigen Raum auch an Universitäten thematisiert.

Mit ihrer Musik hatte ich zunächst Probleme, aber wenn man die Grundsätze der Country Musik zugrunde legt
“Drei Akkorde und die Wahrheit “( der Spruch wird dem Country-Musiker Harlan Howard zugeschrieben) dann hat Taylor Swift die Seele der Country Music in die moderne Zeit gebracht.

“Folklegende Woody Guthrie: Drei Akkorde und die Wahrheit” Susanne Kippenberger
Tagesspiegel vom 04.10.2017, [
]

Mit Musik ist das so eine Sache! Da ist man meistens in seiner Zeit gefangen.
Bei mir sind es die 70-90 Jahre.
Aber, eigentlich unterscheide ich nur gute und schlechte Musik.
Gut ist für mich die Musik, die bei mir etwas anspricht, egal ob Bach oder Swift.
In der Süddeutschen ein Beitrag über Taylor Swift, ihre Musik und der Versuch zu erklären,
wie sie funktioniert. Ein spannender Beitrag.

“Weltherrschaft, Taylor’s Version” Von Jakob Biazza, Marlene Knobloch, David Steinitz (Text), Christian Helten (Digitales Storytelling), Lina Moreno (Design und Illustration), Sead Mujic und Joana Hahn (Infografik und Animation) Juli 2024

Und wenn sie mit ihrer Musik zur Millionärin mit Privatjet geworden ist?
Ist doch OK, wenn man reich wird, in dem man den Menschen eine gute Zeit schenkt.
Es gibt genug Menschen, die reich werden aus Gier und/oder in dem sie den Menschen schaden.
In einer Welt der Trumps und des Hasses brauchen wir mehr wie Taylor Swift.


Wie bei Städten geht es bei Musik darum, ob man sich darin „wiederfindet“.
Ich weiß nicht, welches Bild die „Verantwortlichen“ von Bremerhaven haben, mit Kreuzfahrtschiffen,
Entertainment und “so-tun-als-ob-Sylt-light” am Neuen Hafen.
Mein Bild ist es nicht.


Unser erster „Wohn-Kontakt“ zu Bremerhaven war die Gegend rund um den Leher-Bahnhof.
Wir haben dort gerne gelebt.
Deshalb liegt mir der Bahnhof am Herzen. Was könnten wir aus ihm machen?
Ein Kulturzentrum, Quartierszentrum …..
Alle Optionen sind vorhanden. Aber das Gebäude liegt im Dornröschenschlaf.


Man setzt in Bremerhaven auf Einmal-, auf Einwegtourismus.
Auf die schnelle Mark am Neuen Hafen und an der Columbuskaje.
Quantität statt Qualität.
Damit nimmt man der Stadt langsam die Seele, und ersetzt sie mit Hochglanzbildern.


Städte sollen, wie Taylor Swift, das Leben der Menschen besser machen.
Wenn man damit Geld verdienen kann, ok,
aber, dann ist das nur ein “Kollateralschaden”.

Vielleicht ist eine Wende in Sicht, ein Wandel.
Der Investor will nun das Koggenbräu-Gebäude in Bremerhaven unter Denkmalschutz stellen.
Er hat verstanden, wie die Menschen das Projekt sehen.
Der Investor hat weitergedacht, als die Verantwortlichen der Stadt.
Das gibt Hoffnung auf einen Umschwung!


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