Ich habe lange überlegt, ob ich das Video machen soll oder nicht.
Aber spätestens mit dem AFD-Parteitag wurde mir klar, daß es langsam ein Tanz auf dem Vulkan ist.
Wir waren vom 23. bis zum 25.7 in Hamburg.
Welche Bedeutung der 24.7. für Hamburg hat, dass war mir bei der Ankunft nicht bewußt.
Aber schon am 23.7. fand die erste Gedenkfeier zur Bombardierung Hamburgs vor genau 80 Jahren statt.
Die Operation Gomorrha.
Am 23.7 sahen wir dann, auf dem Hotelbett liegend, das bekannte Sommerinterview mit Friedrich Merz, in dessen Verlauf er die Meinung äußerte, eine Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene, mit der AFD, bei Sachfragen, sei wohl nicht so problematisch.
Es seien ja bloß Sachfragen, mehr nicht!
Wir dachten, was redet er da für einen Stuss!
Die Meinungen gehen auseinander ob, oder ob nicht, eine Zusammenarbeit mit Rechten möglich ist.
Ist sie nicht!!
Es wäre Wahnsinn!
Die Rechten kapern Sachthemen, um ihre eigentlichen Ziele zu erreichen.
Es ist also kein Problem, diese Sachthemen zu erkennen, und auf demokratische Weise zu behandeln, ohne Einbeziehung von Parteien, die sich nie groß um Sachthemen geschert haben sondern ihre nationalistischen Ziele verfolgen.
Haben wir denn nichts aus der Geschichte gelernt?
Wohin Rassismus, Nationalismus und Identitätspolitik führen, zwangsläufig.
Am 24.7. haben wir die Ausstellung über Lee Miller “Glamour und Krieg” besucht.
Lee Miller, was für ein Leben!
Model, und Muse, Kriegsberichterstatterin für die amerikanische Vogue bei der Befreiung Deutschlands von der Nazidiktatur.
Die Aufnahme, wie sie in der Badewanne von Adolf Hitler sitzt (sie war dort einquartiert worden) Spießigkeit und kaltes Grauen in einem Foto festgehalten.
Viele Aufnahmen, die ich hier bespreche, kann man in einem Beitrag der Welt sehen
„Was für eine Idiotie macht die Deutschen so blind?“
Lee Miller
Krautland, so nannte sie Deutschland, das passt!
Sie begleitetet die amerikanischen Truppen auch bei der Befreiung der Todeslager der Nazis.
Ihre Fotografien kamen den Menschen sehr nahe, empathisch zu den Opfern, distanziert zu den Tätern.
Ein Foto hat mich besonders nachdenklich gemacht. ( siehe den o.g. Beitrag in der Welt ) Die GI’s führten Deutsche durch das Todeslager Buchenwald.
Eine Frau, die man auf einer der Aufnahmen sieht, hat extra ein Dirndl zu diesem Anlass angezogen. Aber, was sie offensichtlich an meisten aufregte, dass sie einem farbigen GI folgen musste.
Man sieht es ihrem Gesicht an, den Widerwillen.
Krautland.
Die Aufnahmen von Lee Miller vor Augen, und dies Interview mit Merz noch in den Ohren, diese Relativierung der Zusammenarbeit mit den Rechten auf kommunaler Ebene: das hört sich so an als, na ja, da können sie ja nicht so viel anstellen.
Was für ein Trugschluss!
Die Tötungsmaschinerie der Nazis wäre ohne die vielen kleinen Helfer, ohne die vielen Rädchen, in den Amtsstuben, in den Gerichten und Verwaltungen gar nicht möglich gewesen. Was aus den bürgerlichen netten Nachbarn werden kann?
Die Villa Te Hompel in Münster zeigt in ihrer ständigen Ausstellung, wie aus Männern “von nebenan” Polizeitruppen wurden, die in den besetzten polnischen Gebieten gewütet haben.
Wer sich in den juristischen Bibliotheken die Mühe macht, die Reichsgerichtsentscheidungen herauszusuchen, findet sie, die unzähligen Entscheidungen, die jüdischen Menschen betrafen, die enteignet und entrechtet wurden.
Es waren viele kleine Schritte, in vielen kommunalen Verwaltungen nötig, die diesen Alptraum erst möglich machten, diese Maschinerie zum Laufen brachte.
Und nun kommt der Vorsitzende der stimmenstärksten deutschen Partei daher, und erzählt, man müsse doch irgendwie zusammenarbeiten.
Nein, muß man nicht, und darf man nicht!
ABER:
Es geht darum, die Wähler zurückzugewinnen. Wir müssen aufpassen, daß die Rechten nicht Themen kapern und wir mit Ablehnungsreflexen ihnen nur zuarbeiten. Corona, schon vergessen?
Wir sind schlecht abgesichert, gegen rechte Angriffe.
Zwei Beiträge zeigen das deutlich, leider Paywall:
Nora Markard erklärt in einem nüchternen, juristischen Ton, wie die Rechten in Ungarn und Polen vorgehen, und, auch in Deutschland gibt es keinen Firewall, der solches Tun eindämmen würde
Noch erschreckender ist das Vorgehen von Verfassungsrechtler Maximilian Steinbeis, 52
Wir tun mal so, als seien wir Nazis!
Dann zieht sie legal an ein paar Hebeln, dreht an ein paar Schrauben, nutzt ihre Mehrheit, juristisch gewieft, nach allen Regeln der Kunst. Die Verfassung wird nicht gebrochen, höchstens gebogen. Und trotzdem ist bald darauf die Gewaltenteilung ausgeschaltet, wenn man es richtig angestellt hat – und die politische Opposition: schachmatt.
SZ siehe oben
Unmöglich? Nein, so geschehen bei der Wahlrechtsreform des Bundestages! OK, es waren die GUTEN, aber auch die BÖSEN können das, wenn man sie läßt!
Ein paar Hebel gezogen, eine Koalition mit wackeliger Mehrheit reichte aus, und schwups, ein Teil der Opposition ist draußen. So können auch die Rechten vorgehen.
Und in Bremerhaven?
Nach der Wahlblamage, das große Stühlerücken.
Pöstchen werden verschoben, geschaffen um ein weiches Kissen für die zukünftigen Spitzenkandidaten zu schaffen.. Und, wer erinnert sich noch an den Versuch einer Magistratsreform? Man wollte das lästige Ausschreiben von Spitzenämtern umgehen, damit man durchregieren kann.
Es ist ein Spiel mit dem Feuer aus parteipolitischer Eitelkeit. Dies “Durchregieren” funktioniert von beiden Seiten, von der linken und von der rechten Seite.
Bremerhaven sollte einen Stresstest machen, wie jedes seriösen Unternehmen.
Meiner Meinung nach sind die Scheunentore für eine rechte Machtübernahme weit offen, sehr weit offen.