Mich erreichte vor ein paar Tagen der Text eines Freundes. Den Text gebe ich hier mit kleinen Änderungen wieder.
Ist es in Bremerhaven erlaubt, Erbsensuppe im Freien zu verzehren?
Tücken und Fallstricke
Kürzlich war von Dieter Nuhr der Satz zu hören, er fühle sich in seiner Arbeit als Kabarettist bedroht, weil er keine komischen Pointen mehr erfunden müsse. Meist genüge es heute aufzuschreiben, was er hört und sieht.
Am 31.08. hat sich die Stadtteilkonferenz Mitte (STK) am Thema Brennpunkte Penny Hafenstraße und Martin-Donandt-Platz abgearbeitet. An diesen Plätzen traf man bis zu diesem Tag oft Menschen, weniger als ein Dutzend, die sich eher am Rande der Gesellschaft bewegen. Mitunter ein Ärgernis für Kunden und Anwohner.
Ein Punkt aus dem Protokoll der Sitzung vom 31.08.23 ist festzuhalten. Konsens war:
Keinesfalls gewünscht ist eine komplette Ausgrenzung der Randgruppen.
Am nächsten Tag waren die Kettensägen auf dem Martin-Donandt-Platt zu hören. Der Platz wurde großflächig entlaubt und Rückzugsgebiete für Vögel und Andere gnadenlos freigelegt. Hinzu kam ein massiver Einsatz der Ordnungskräfte. Das angebliche ‚Unwesen‘ wurde in erstaunlich kurzer Zeit zurückgedrängt. Die Lage hatte sich, oberflächlich betrachtet, gebessert. Ein Lob an die Stadt!
Wo war die Randgruppe geblieben?
Ich bekenne, ein intimer Freund des Martin-Donandt-Platzes zu sein. Als Rentner verbringe ich dort meine Frühstückspause auf einer Bank, wofür ich mir leckere Speisen von Penny zusammenstelle. Der milde September verlief in puncto ‚Brennpunkt Donandt‘ moderat, sieht man von gelegentlichen Ausreißern ab.
Selten weite ich meine Spaziergänge zum Roten Sand aus. Dort kann ich meinen Speiseplan um Spezialitäten erweitern. Besondres die Erbsensuppe ist zum maßvollen Verzehr zu empfehlen. Der oder die Esser(-in) sollte aber nicht unter einer Natriumchlorid-Überempfindlichkeit leiden.
Der Edeka-Markt bietet nicht das ansprechende Ambiente des Martin-Donandt-Platzes. Bänke sind bei diesem Einkaufstempel Mangelware. Der Stumpf eines Streifenfundaments, vom Edeka-Markt zur Bürgermeistermeister-Smidt-Straße gelegen, bietet einen kärglichen Ort, um sitzend zu verweilen.
Nichts Böses ahnend ließ ich mich nieder und öffnete erwartungsvoll den Becher mit der warmen Erbsensuppe. Wieder versalzen. Am Ende des Streifenfundaments, 20 m entfernt, erblickt ich die Penny-Randgruppe, die ich Wochen nicht gesehen hatte. Sie war umringt von Ordnungshütern und den Sicherheitskräften des Marktes. Aha so funktioniert das, wenn man Leute vertreibt. Die verschwinden nicht, sondern tauchen an anderer Stelle wieder auf.
Hm … Gott sei Dank, gehörst Du nicht zur Randgruppe, dachte ich bei mir, und hievte einen zweiten Löffel Erbsensuppe vorsichtig auf den vom Markt kostenfrei gestellten Sperrholzlöffel.
Langsam lupfte ich den Löffel vom Becher zu meinem Mund, als ich hinter mir der unfreundlichen und drohenden Stimme einer Sicherheitskraft gewahr wurde. Den Löffel setzte vor Schreck wieder ab. Verzweifelt suchte ich in meiner Hosentasche nach einer Tube Patex, um mich festzukleben. Leider war die Tasche leer.
Geduldig hörte ich mir an, was der Wachmann zu sagen hatte. Hoffentlich wird die Erbsensuppe nicht kalt. Ich müsse von dem ca. 20 cm hohen Streifenfundament runter, schrie er mit energischer Stimme. Dies sei eine Anordnung des Eigentümers. Da half kein Argumentieren. Als ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes auftauchte, setzte ich mich im Schneidersitz auf die Straße vor dem Fundament. Dies sei ja erlaubt. Schließlich gehöre der Fußweg nicht mehr zum Grundstück des Marktes. Der freundliche Mann vom Ordnungsdienst pflichtete mir bei. Ich tränke in der Öffentlichkeit keinen Alkohol oder errege in sonstiges Weise ein Ärgernis.
Sie finden die Situation skurril? Sie haben recht. Dieter Nuhr sagte eingangs: Man muss heute gar keine Pointen mehr erfinden! Die Pointe, die Sie suchen, ist die: „Denken Sie nicht schlecht über Randgruppen, denn vielleicht gehören Sie schon dazu und wissen es noch nicht.“
Mein YouTube Video zu dem Text!