Wie sieht gute Stadtplanung eigentlich aus?
- In den meisten modernen Städte, .z.B. Bocholt [LINK]:
Bürger setzen sich zusammen -> Experten beraten die Bürgerinnen und Bürger, und setzen die Vorstellungen um
- In Bremerhaven:
Ein Gremium tagt und beschließt -> Bürgerinnen und Bürger dürfen bewundern und nicken.
Der aktuelle Bericht der NZ [LINK] über die Arbeit der Gestaltungswerkstatt.
Update 23.2.2022
Die NZ berichtet über weitere Details der Planung [LINK]
Ein bunter Strauss von Ideen, aber keine Stadtplanung, die die gesamte Innenstadt betrachtet und auch den Theodor Heuss Platz mit einbezieht, der zurzeit im Dornröschenschlaf liegt.
Das Problem “Columbusstraße” bleibt nach wie vor bestehen, und wer die große Markthalle in Rotterdam kennt…..
…..dafür braucht es Platz, sehr viel Platz. [LINK]
Es gibt in Rotterdam auch Märkte, die man in bestehende Gebäude gesetzt hat. Ideen sind gefragt, die sich auch mal vorstellen können, etwas mit dem Bestand zu machen.
Was den Verweis auf die Iconic Hosier Lane Street in Melbourne angeht [LINK] so haben wir vergleichbar die Alte Bürger in Bremerhaven.
Soll da Konkurrenz aufgebaut werden? Es kann doch nicht Aufgabe einer Stadtplanung sein, Stadtteile gegeneinander auszuspielen.
Hier wird immer nur auf ein kleines Stück Bremerhaven geschaut, aber nicht auf die ganze Stadt.
Gut ist, daß nun der Platz vor der großen Kirche als Platz und Mittelpunkt von Bremerhaven gesehen wird.
Aber es bleibt Stückwerk.
“Pocketparks” ein anderer Begriff für Blumenbeete, weil man kein Grünkonzept für die Stadt hat.
Ein aktuelles Beispiel wie man mit Plätzen umgehen kann zeigt Frankfurt [LINK]
Zitat: Die Stadt verkündet das Ende der steinernen Plätze.
Zurück in Bremerhaven:
Und die Columbusstraße rauscht im Hintergrund, während ich das „Grün genieße“?
Der Focus der Stadtplanung muß erweitert werden, auf die gesamte Innenstadt.
Experten mögen planen, die Menschen werden mit ihren Füßen abstimmen, wenn sie nicht vorher gefragt werden.
Das Bild unten zeigt:
– rechts, so denken Experten
– links, so denken die Menschen
Pawel Althamer hat das Konzept auf der Skulptur 2007 in Münster in einem Kunstprojekt verdeutlicht.
[LINK]
Das war auch der Grund, daß Bocholt wissen wollte, was ein Architekt wie Jan Gehl, der die Menschen in den Mittelpunkt stellt, zu sagen hat, jemand, der die Bürger und Bürgerinnen mit ins Boot holt.
Jan Gehl ist jemand, der sich erst lange eine Situation anschaut, erkundet, wie die Menschen in der Stadt den Raum nutzen, und weniger vom grünen Tisch aus plant.
Seine Planungen sind oft minimale Eingriffe in bestehende Situationen, mit einer maximalen Wirkung.
Und, was soll der ganze Aufwand, ohne einen Masterplan für die Innenstadt, der sich mit der eigentlichen Innenstadt incl. Verkehr und Mobilität beschäftigt.
Die Innenstadt ist das Gebiet zwischen:
- Theodor Heuss Platz
- DSM
- Hafenwelten
- Platz vor der großen Kirche
Es fehlt an einer Planung des Verkehrs, an einer Bestandsaufnahme der Nutzung durch die Menschen, an einer Planung des gesamten Bereiches.
Wie wird die “Bürger” und die “Obere Bürger” genutzt, wie kann man diese Gebiete mit dem DSM, dem Alten Hafen, den Hafenwelten zusammenführen?
Das eigentliche Problem wird deutlich, wenn man vom Alten Hafen aus das Areal betrachtet:
Das Problem “Innenstadt Bremerhaven” ist nicht auf Karstadt begrenzt, und ein Blick von der anderen Seite des Alten Hafens aus macht es deutlich:
– die Columbusstraße, eine Autoschneise in der Innenstadt, mit Querungshilfe für Menschen.
Und, soll C&A auch noch abgerissen werden, wegen der “Sichtachsen”?
Muß das Karstadtgebäude wirklich weichen?
Oder soll man Bestehendes nicht einfach anders, menschlicher Nutzen?
Bremerhaven zeichnet sich durch seine Plätze aus.
Plätze sind die Augen der Stadt!
(Christoph Kaltenbrunner Architekt)
Der Platzcharakter des Platzes vor der großen Kirche wird durch die jetzige Planung von A.Heller, die auf singuläre Blöcke setzt, eher zerstört.
Die alte Karstadt Bebauung betont im Grunde besser die Abgeschlossenheit des Platzes.
Bebauungen müssen nicht “luftig” sein, sie müssen dem menschlichen Maßstab folgen.
Das sind alles offene Fragen, die von den Menschen in der Stadt beantwortet werden könnten.
Aber, die bleiben außen vor.
Einige am Expertentisch hätten sicher auch Antworten, wenn man die richtigen Fragen stellt.
Die müssen aber ganz am Anfang der Planung gestellt werden.
Vertane Chancen!
Richard Sennet, ein amerikanischer Soziologe und Stadtplaner, benutzt in seinem Buch “Zusammenarbeit” die “Werkstatt” der Handwerker als Modell, um die Art und Weise zu beschreiben, wie Menschen miteinander arbeiten, und zusammen agieren.
In einer Anekdote schildert er, wie eine Werkstatt für Instrumentenbauer von einer Architektin umgestaltet wurde, die überhaupt nicht verstand, wie es vorher funktionieren konnte.
Sie optimierte alle Arbeitsabläufe.
Nach einiger Zeit zeigte sich, daß die Instrumentenbauer nach und nach zu ihren alten Arbeitsläufen zurückfanden, obwohl sie von der Neuplanung zunächst begeistert waren.
Menschen gestalten ihre Umgebung, und nicht die Planer.
Eine Werkstatt ist ein ständiger Prozess, und oft muß sie reparieren.
Meine Les Paul fiel um, die Kopfplatte brach ab, einiges war zerkratzt.
Verschrotten und eine neue Gitarre kaufen?
Ich habe sie zu Lino Guzzi von Stromgitarren gebracht, er hat sie repariert, und der Makel macht sie für mich noch schöner.
Richard Sennet, beschreibt es so:
“Diese Herausforderung stellt sich fast bei allen Reparaturarbeiten. Für den, der repariert, geht es darum, einen Defekt als Warnung wie auch als Chance zu begreifen. Wenn etwas kaputtgeht, müssen wir überlegen, was da kaputtgegangen ist, aber auch, was letztlich ganz in Ordnung war.
Das gilt für Objekte, denen die Zeit zugesetzt hat, geradeso für Menschen……
Eine unangemessene Reparatur mag das Gefühl vermitteln, daß sich etwas verändert hat, opfert vielleicht aber den Wert der ursprünglichen Schöpfung!”
Dies gilt auch für Innenstädte, die nicht mehr funktionieren!
Erst beobachten, die Menschen beobachten, dann entscheiden, was man ändern will.