Zwei Beiträge in der NZ vom Samstag d. 9.7.2022 zeigen die Zweischneidigkeit der Entscheidungen, vor denen Bremerhaven zurzeit steht.

Da ist das Interview mit der Architektin Lene Zingenberg vom Büro COBE, das den Rahmenplan für das Werftquartier erstellt hat.

Man darf nicht zu viel erwarten von diesem Interview.
COBE hat die Pläne selbst entworfen und erwartet Folgeaufträge. Die junge Architektin wird sich kaum kritisch mit den eigenen Plänen und insbesondere den Plänen von Dieter Petram auseinandersetzen.

Eigentlich ist das Interview eine verdeckte Reklame für die eigene Arbeit.

Interessant ist, was Frau Zingenberg auf die Frage von Maike Wessolowski antwortete :

Kopenhagen ist die Radfahrer-Vorzeigestadt, da hat Bremerhaven Nachholbedarf. Wie wichtig sind Verkehrswende und Klimaneutralität?

Definitiv wichtig. Wir haben gemeinsam mit SHP-Ingenieuren aus Hannover ein Mobilitätskonzept und ein Nachhaltigkeitskonzept mit Transsolar aus Stuttgart entwickelt. ……..

Nordseezeitung v.8.7.2022

Sie weicht geschickt der Frage nach der Klimaneutralität aus, und kommt sofort zum Thema Verkehrswende. Das war es dann mit dem Klimathema.
Zu den Vorstellungen, was COBE unter Verkehrswende versteht, später.

Was unter Klimaneutralität zu verstehen ist, dass sehen viele Akteure verschieden, und selbst die Klimaenquete Kommission Bremen engt den Focus ein.
Im Kern sagt der Begriff: Es soll schlicht kein CO2 freigesetzt werden, aus welchen Quellen auch immer!

Im Gebäudesektor wird dies leider immer mit der Nutzenergie gleichgesetzt: Strom, Heizung.
Aber eben nicht mit der Frage, wieviel das Gebäude selbst beim Bau an CO₂ freigesetzt hat.
Mittlerweile im Fitfor55 Programm der EU geregelt, ab 2027.
Die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen bietet Zertifizierungen an.
Zur Seite der DGNB .

Ich habe schon mehrmals auf den Vortrag von Prof. Sobeck hingewiesen, der das Problem anschaulich vorrechnet.

Eine Grafik aus diesem Beitrag auf YouTube veranschaulicht das Verhältnis von Gesamt- und Nutzenergie von Gebäuden.

Weniger ist mehr: Werner Sobek über nachhaltiges Bauen – ZEIT WISSEN-Kongress 2019 hier Vortrag auf YouTube Minute 31.

Der ganze Vortrag unter: https://www.youtube.com/watch?v=y4zLuoPpMLc

Das gesamte Rechteck stellt die Lebenszeit CO₂ Belastung eines Gebäudes dar, der blaue Bereich die sog. Graue Energie, der rote Bereich die Nutzenergie. Der Faktor der grauen Energie gegenüber der Nutzenergie ist 2.7.

D.h. wir können gar nichts so viel Solarpanel und Wärmepumpen installieren, um die Schäden auszugleichen, die bei der Errichtung des Gebäudes durch die CO2 Freisetzung angerichtet werden.
Und, wie zum Beispiel Dieter Petram baut, das kann man sich an der Barkhausenstraße gerne anschauen.
Ein riesen großer Haufen CO₂ wurde da freigesetzt, eine Beton- und Pflasterorgie.

Aber, ein zweiter Beitrag in der NZ vom 8.7. rundet das Bild ab:

Bremerhaven, die 2 Jahre Stadt!

Die Politik in #bremerhaven hat den Bodenkontakt verloren.
Zitat: Prof. Dr. Jan Wenske: „Für junge Leute, die in diese Stadt kommen sollen, ist es wichtiger, die zweite Reihe attraktiv zu sanieren als neu zu bauen.“https://t.co/mNE2IoeUkf

— Ralf Ekrowski (@ralfekrowski) July 10, 2022

Wozu ist das Werftquartier gut?
Es soll junge Wissenschaftler dorthin locken!

Was sagen die Wissenschaftler?

Darüber klärt der Beitrag in der NZ vom 8.7. auf!

Ernüchternd, und es entspricht leider auch meinen Erfahrungen in der letzten Zeit, Bremerhaven ist eine 2 Jahre Stadt, da viele nach 2 Jahren die Stadt wieder verlassen.

Gründe?
Der Beitrag trifft ins Schwarze:

Bremerhaven, meint Wenske, fehle es an Leben. Jetzt das Werft­quartier als neuen Stadtteil zu entwickeln, sei wunderbar. Aber bei Quadratmeterpreisen von mehr als 4000 Euro könne dort keiner seiner Kollegen ein­ziehen.

„Für junge Leute, die in diese Stadt kommen sollen, ist es wichtiger, die zweite Reihe attraktiv zu sanieren, als neu zu bauen.”

NZ vom 9.7.22 Jahn Wenske Frauenhofer Institut

Mann sollte sich lieber um die bestehende Stadt, um die zweite Reihe kümmern, als sich groß mit Leuchtturmprojekten zu beschäftigen.

Und ein weiterer Aspekt:

Deshalb werde es für Städte wichtiger, soziale und kulturelle Infrastrukturen herauszustellen. Da verkaufe sich Bremerhaven unter Wert, hat Grosfeld ausge­macht

Klaus Grosfeld AWI

Man kann die Politik der regierenden Koalition und von Melf Grantz nicht besser auf den Punkt bringen.

Die Planung für die Innenstadt folgt der Konsumlogik, mein Beitrag dazu: Kultur oder Kommerz .
Damit lockt man vielleicht eine Instagram Fangemeinde in den “New Yorker”, und die Friederich Merz Fangemeinde nach Gosch.

Aber junge Wissenschaftler sehen das ganz anders als Erlebnis Bremerhaven.
Dort ist Kultur höchstens von touristischem Wert, ansonsten Beiwerk.

Das Werftquartier folgt der Investorenlogik, aber nicht den Wünschen derjenigen, die man gerne als neue Bürgerinnen und Bürger begrüßen würde.

Dieter Petram hatte mal vor langer Zeit die Idee, auf dem Gelände des jetzigen Werftquartiers  die Internationale Bauausstellung nach Bremerhaven zu holen.
Welche positiven Effekte dies für die Stadt haben könnte, zeigt das Beispiel Hamburg Wilhelmsburg.
So könnte das Thema Klimaneutralität und Bauen, und auch Klimaneutralität und Hafenstadt für Bremerhaven ein Startsignal werden, für eine Stadt der Zukunft.
Die jetzigen Pläne von Petram sind rückwärtsgewandt, und da ändert auch die Rahmenplanung von Cobe nichts, die nichts Neues bringt, sondern eine 08/15 Bebauung von ehemaligen Industriebrachen ist.
Dass COBE das kann, das hat das Büro bewiesen. Aber, innovativ ist daran nichts.

Bremerhaven hat besseres verdient, und vielleicht kommt Dieter Petram noch zur Besinnung.

Eine Internationale Bauausstellung mit Schwerpunkt klimaneutrales Leben und Arbeit am Wasser, das wäre mal was.

Wenn man beide Beträge zusammen liest, ergibt sich ein Bild von Entscheidern, die noch nicht im Jahr 2022 angekommen sind, und verzweifelt versuchen, das, was sie schon immer gemacht haben, auch fortzusetzen. Die nicht erkennen, wie sich die Schwerpunkte der Menschen durch den Klimawandel, und durch die Digitalisierung geändert haben.

Bremerhaven braucht einen innovativen, offenen Geist für die Stadtplanung!

Persönliche Anmerkung:

Zu den Feststellungen der Beteiligten der Podiumsdiskussion passt auch ein Beitrag in der Zeit

vom 1.11. 2020.

Vom eigentlichen Thema mal abgesehen, das für Bremerhaven schlimm genug ist, schildert dort ein junger Wissenschaftler, wie er Bremerhaven fluchtartig verlassen hat. 

Auch schon damals kamen von der Politik nur beschwichtigende, verharmlosende Reaktionen. Das habe ich leider auch auf der Stadtverordnetenversammlung in der letzten Woche erlebt.

Wir erleben doch zur Zeit, wie wichtig es ist, dass Robert Habeck Klartext spricht, nichts beschönigt, und wie klein daneben Olaf Scholz mit seiner “Alles wird gut” Haltung wirkt.

Das erleben wir auch in Bremerhaven, wenn Melf Grantz in seiner Bewerbungsrede feststellt, es ist doch alles nicht so schlimm.

Bremerhaven hat Riesenchancen, durch die Wissenschaft, durch Know-how und durch Menschen in der Stadt, die bereit sind Dinge anzupacken und zu ändern.

Aber, mit politischen Strukturen, die die Sta

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner