Nun also nimmt die Diskussion um Tempo 30 in Bremerhaven langsam Fahrt auf, und der Beitrag in der NZ, online vom 5.1.2023 stellt die Positionen der Parteien in Bremerhaven dar.
Leider scheint niemand, die oft zitierte Entscheidung des OVG Bremen gelesen zu haben.
Um es mal etwas salopp zu verdeutlichen.
Es ist zwischen Tempo 30 Zonen, und Tempo 30 auf Bestandsstraßen zu unterscheiden. Tempo 30 Zonen sind relativ einfach einzurichten, übrigens auch Fahrradstraßen, auf denen dann auch Tempo 30 gilt. Problematischer wird es bei Tempo 30 auf sog. Bestandsstraßen. Hier gilt nach der StVO grundsätzlich das Primat des Vorrangs des fließenden Verkehrs.
Mit der Ausnahme: gesundheitliche Belange sind gefährdet.
Und genau hier setzen viele Städte, z.B. Münster an. Wenn die Lärmbelastung zu hoch ist, oder die Belastung mit Emissionen, dann muß der fließende Verkehr zurücktreten.
Auch E-Autos sind beim Thema Feinstaub und Lärm in der Stadt nicht besser.
Das Abrollgeräusch ist hier ein Problem.
Tempo 30 wird also durch die Hintertür eingeführt, da nach der aktuellen Rechtslage, nach Bundesrecht, nach wie vor der fließende Verkehr Vorrang hat.
In Münster hat das gut funktioniert und ist auch gerichtsfest.
Die Koalition in Berlin wollte diese, für die Kommunen etwas unglückliche Rechtslage ändern, hat aber mit der Wahl von Volker Wissing als Verkehrsminister sich den dicksten Brocken selbst eingehandelt.
Wie sieht es in Bremerhaven aus?
An sich eindeutig! Gefahrenlage ist vorhanden, so das OVG
Abschließend ist auf Folgendes hinzuweisen: Die Ergebnisse der Lärmkartierung deuten
OVG Bremen 5 V 1236/15
darauf hin, dass die Anwohner der Deichstraße zwischen Fährstraße und Freigebiet erheblichem Lärm ausgesetzt sind. Vor diesem Hintergrund spricht einiges dafür, dass die
Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen vor Lärm
in der Tat ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. Unter Umständen ist insoweit auch zwischen Tages- und Nachtstunden zu differenzieren. Eine solche Anordnung setzt aber
sowohl nach dem gesetzlichen Tatbestand als auch im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung in jedem Fall eine Ermittlung der Lärmbelastung auf der Grundlage des einschlägigen Fachrechts voraus. Insoweit wird die Antragsgegnerin auch der
Frage nachzugehen haben, inwieweit die von ihr in ihrer bisherigen Ermessensentscheidung zugrunde gelegte Annahme, wonach die Geschwindigkeitsbeschränkung zu einer Lärmminderung von 3 db(A) führe, die sich als „Faustformel“ auch in anderen Zusammenhängen findet, auf einer hinreichend verlässlichen Tatsachengrundlage beruht.
Wo liegt das Problem?
Der Magistrat reagiert nicht auf die Gefahrenlage, in Bremerhaven die Lärmbelastung.
Und die politische Aufsicht, d.h. die Stadtverordnetenversammlung sieht eine straßenverkehrsrechtliche Maßnahme eher als politisches Bekenntnis.
Die Sachlage ähnelt dem Streit um das aufgesetzte Parken in Bremen.
Kurz, es wäre Sache des Landes Bremen, auf den Bund einzuwirken, um den Kommunen bei der Anordnung von Tempo 30 behilflich zu sein.
Aber, bis dahin werden sich die Kommunen behelfen müssen.
Diesen Weg haben schon einige Kommunen erfolgreich beschritten.
Man muß das auch nicht hinter verschlossenen Türen besprechen!
In Bremerhaven ist das alles eigentlich kein Problem, da die Voraussetzungen für die Anordnungen gegeben sind bzw. leicht ermittelt werden können, und sich die Stadt aktuell schlicht über geltendes Recht hinwegsetzt.
Da gibt es auch nicht viel zu diskutieren, da die gesundheitliche Belastung der Menschen in der Stadt durch den Verkehr selbst im IEK Lehe/Mitte festgestellt wurden, und die Lärmkarten lange bekannt sind.
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