Hätte er nur geschwiegen!
Kaum hatte ich wieder so richtig warme Füße, seit dem Spaziergang durch das Goetheviertel gestern, haut Melf Grantz so eine Pressemitteilung raus.
Da ist jetzt so ziemlich alles drin:
Wenn die A20 nicht gebaut wird, dann verlieren alle ihre Jobs, der Hafen geht den Bach runter, und Sauron kommt auch zurück.
Die Logik, warum die A20 dem Klima nutzt, also eine Autobahn quasi klimaneutral ist, ist sportlich:
Denn die Küstenautobahn wird die Verkehrsträger im Nordwesten vernetzen. „Transporte per Schiff und Schiene werden durch die Küstenautobahn deutlich attraktiver, weil sie an ein leistungsfähiges Straßennetz angebunden sind. Die A 20 ist daher eindeutig eine Investition in die Zukunft, weil sie sich entlang ihres Einzugsbereichs sehr positiv auf Wertschöpfung und Beschäftigung auswirken wird.“
Bei der Logik mußte ich erst einmal schlucken.
Also, der Transport per Schiene wird attraktiver, weil die Schiene an die Straße angebunden ist.
Er redet hier auch nicht vom lokalen Lieferverkehr, sondern vom Fernverkehr:
Die A20 binde die Industriebetriebe und Hafenstandorte der Region an das Netz europäischer Fernverkehrswege an und liefert dem Nordseetourismus sowie der gewerblichen Wirtschaft der gesamten Region wichtige neue Impulse.
Also, da wird das ganze “Waffenarsenal” benutzt und der Tourismus auch noch kurz einbezogen.
Wohlgemerkt, die Pressemitteilung kam heute heraus, wir schreiben das Jahr 2023 und der Klimawandel nimmt so richtig Fahrt auf, die Bundesregierung wird gerade wegen ihrer Verkehrspolitik verklagt:
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages bestätigt Wissing schlicht die Klimaziele zu missachten, mit seiner Verkehrspolitik (siehe Beitrag im SPIEGEL)
Was den Hafen anbetrifft, verweise ich auf die Ausführungen während der Workshops zum Hafenentwicklungskonzept, insbesondere auf den Vortrag von Markus Nölke vom SPC.
Modalmix Ziel sollte sein: 60/25/15 -> Schiffahrt/Schiene/Straße
Also, die A20 ist ziemlicher Unsinn, auch wirtschaftlich betrachtet.
Was den Verkehrswegeplan anbetrifft, verweise ich auf das Papier des BUND
Was die Arbeitsplätze anbetrifft, das Totschlagargument in Bremerhaven:
Wenn die EU ihrer CO₂-Pläne Richtung Zero umsetzt, bedeutet das für die Häfen 0 CO₂, auch für die Lieferketten.
Rotterdam ist da schon längst auf dem Weg
Arbeitsplätze sind gefährdet, weil die SPD geführten Regierungen den Hafen seit Jahren stiefmütterlich behandelt und Klimapolitik mit Hafenbezug schlicht nicht gesehen haben.
Der Hafen muß dringend modernisiert werden, Richtung ZERO CO2.
Nur so kann er bei den Großen mitzuspielen.
ZERO CO2 gilt auch für die Lieferkette, und da ist eine Autobahn eine sehr, sehr schlechte Idee.
Und, jetzt komme mir niemand mit:
Aber Wasserstoff!
Adrian Odenweller vom PIK ( Potsdam Institute for Climate Impact Research) hat in einem aktuellen Beitrag vorgerechnet, dass wir unsere Wasserstoffträume ein wenig der Realität anpassen sollten, d.h. wir haben schlicht keine Zeit mehr, um auf diese technischen Wunder-Lösungen zu warten.
Dass die A20 eine ziemliche Umweltsauerei ist, darüber habe ich reichlich geschrieben.
Melf Grantz hat doch noch gestern das rote Band beim neuen AWI Bau durchschnitten, er hätte ja mal fragen können, was die Wissenschaftler von der A20 halten.
Warum haut er denn jetzt so eine Nachricht raus? Wem will er was beweisen? Und dann noch mit der Keule “Verlust von Arbeitsplätzen”!
Ich sehe die Pressemitteilung als Wahlkampfgeplänkel.
Wissing und Melf Grantz stemmen sich leider gegen die Mathematik. Das sog. Braes Paradoxon schlägt meistens gnadenlos zu, wenn die roten Bänder durchschnitten sind.
Aber solche Pressemitteilungen müssen nicht sein! Das Thema ist viel zu ernst!