Ob man es jetzt Just Culture nennt oder Black Box Prinzip, der Ansatzpunkt ist ähnlich. Fehler benennen, ohne sofort nach Schuldigen zu schreien. Um Fehler zu erkennen, muß man sich um die Fakten bemühen, um Informationen. Das ist aktuell der Knackpunkt.


Eigentlich eine skurrile Situation. Während Daten, Informationen das Gold der digitalen Zeit sind; werden Information in der Politik, zumindest in der Kommunalpolitik, wie kontaminierte Giftstoffe behandelt.
Die Lokalpolitik in Bremerhaven ist nicht besser oder schlechter als die Politik in anderen Kommunen, gesundes Mittelmaß. Eigentlich findet man auch in Münster genau die Typologie von Kommunalpolitikern, die man auch in Bremerhaven findet. 
Während es in Bremerhaven die Hafenbarone sind, ist es in Münster der Bauern-Adel.
Also, alles bürgerlicher Standard.

Was mich schon ein wenig überrascht hat ist, wie in Bremerhaven mit Informationen umgegangen wird. 

Im Land Bremen, wie auch in den anderen Bundesländern, gilt das Informationsfreiheitsgesetzt

Wenn man jetzt in die entsprechende Sammlung der Stadt Bremerhaven schaut
fragt man sich:
Was soll das denn? Ein Witz?
Pressemitteilungen und, an anderer Stelle besser zugängliche, allgemeine Informationen.
Das war nicht Sinn und Zweck, als man bundesweit diese Gesetze einführte.
Hintergrund war und ist, und heute aktueller als je zuvor, Fakten zu vermitteln, um Verschwörungstheorien zu vermeiden.
Eine Magistratssitzung ist kein Tabakskollegium oder ein Clan treffen. 
Wer die Öffentlichkeit scheut, ist in der Politik im falschen Film oder hat gute Gründe dafür. 

Es gibt in Bremerhaven eigentlich keine Themen, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen: Vertragsentwürfe, Verträge und Verhandlungsprotokolle, soweit sie kommunales Eigentum betreffen, letztlich hantiert die Stadt mit dem Geld der Bürger; alle relevanten Erkenntnisse, Gutachten, Messprotokolle und Vorgänge, die spätestens bei Gerichtsverfahren offengelegt werden müssen.
Argumente wie Datenschutz oder Geschäftsgeheimnis sind schlechte Witze, freche und dumme Schutzbehauptungen.
Eigentlich dürfte es auch keinen nicht öffentlichen Teil einer Stadtverordnetenversammlung geben.
Unser Geld, unsere Informationen. Punkt!


Warum ist das so wichtig?
Der Aufstieg der Populisten, insbesondere der AFD hat viel damit zu tun, dass sie mit allgemeinen Verschwörungstheorien arbeiten, und damit sehr erfolgreich sind.
Ihr Jagdrevier ist der Informationsnebel, jeder, der gerne Strategiespiele spielt, kennt das Prinzip.
Sie können die sozialen Medien so erfolgreich nutzen, da die Algorithmen gerade auf solche Themen anspringen. Deepfakes setzen da aktuell noch einen drauf.

Der Abstieg der etablierten alten Parteien hat viel damit zu tun, dass sie, nach außen, wie verschworene, geschlossen Zirkel agieren. Geschlossen Reihen als oberstes Prinzip!
Die Entscheidung der Bremer SPD zur Weservertiefung hat mich vom Drehstuhl fallen lassen. Sie zeigt aber, daß auch innerhalb einer Partei wie der SPD noch Restleben ist. Hoffentlich gibt es einen Aufstand gegen die bekannten Parteioffiziere, die mitverantwortlich sind, daß Parteien kaum noch Mitglieder haben, und immer mehr an Bedeutung verlieren.
Das Zerfleddern der Parteienlandschaft durch Parteien, die sogar so dreist sind, mit dem Namen einer Person zu werben, nicht mit einem Programm, ist ein Symptom für diese Entwicklung.
Die Grünen agieren, zumindest nominell, offen, haben aber eine große hidden Agenda, die mich aus der Partei getrieben hat. Sie haben es ja immer geschafft, sich selbst zu zerlegen, und dann wieder neu zu erfinden. Aber, man kann ein Blatt Papier nur begrenzt falten ( 7 mal
Tja, ich glaube nicht, dass die Grünen mehr Leben haben, als eine Katze.


Wir leben nicht in einer gespaltenen Gesellschaft, sondern eher in einer Gesellschaft, in der Triggerpunkte Reflexe auslösen. Lesenswert dazu ein Buch: Steffen Mau, Thomas Lux, Linus Westheuser “Triggerpunkte”
Wie kann es weitergehen?
Die Verfassung und das System Deutschland haben sich bewährt, und beide sind auch aktuell in der Lage, die Probleme der Zeit zu meistern. 
Wir haben eine der besten Verfassungen der Welt, und das Bundesverfassungsgericht hat gezeigt, daß die Verfassung auch einen Weg in die Zukunft weisen kann, sie ist quicklebendig.
Das demokratische System in Deutschland ist lebendiger, als es oft den Anschein hat.
Aber, es braucht an einigen Stellen etwas neue Farbe, eine Schönheitsreparatur.


Kleiner Sidekick:
Ich bin ja ein großer Fan der Gilmore Girls. 

Wie amerikanische Serien immer wieder diese Balance zwischen Screwball Comedy, Alltagsproblemen, die jeder kennt, und aktuellen Zeit-Fragen auf den Punkt bringen, ohne erhobenen Lehrerfinger, dafür gibt es in Deutschland nichts Entsprechendes. Ich bewundere die Drehbuchautoren für ihre Arbeit.  Klassische Musik,
in Deutschland eher für die Von und Zu’s,
in den USA mit der Serie “Mozart in the Jungle” wird sie zu etwas, das man sofort in seine Alltagsplaylist integriert.

Jedenfalls, in der Heimatstadt der Gilmore Girls, Stars Hollow, werden Probleme in der Town Hall diskutiert, und mit allen Bewohnern entschieden, inklusiver Interessenkonflikten und persönlichen Animositäten und einem typischen Bürgermeister.

Wenn man in einem Beitrag über Bürgerbeteiligung von Town Hall Treffen liest:  die Treffen in der Heimatstadt der Gilmore Girls sind aufschlussreicher als jedes Sachbuch, und bedeutend lehrreicher als alles, was ich in Deutschland bisher über Bürgerbeteiligung gehört habe, incl. selbsternannten Coaches.

Dies Verfahren der Bürgerbeteiligung, die Town Hall Treffen, funktioniert kaum bei größeren Städten, aber es zeigt einen Weg, den z.B. auch Gertrude Lübbe-Wolff in ihrem Buch “Demophobie” als Rettungsanker für unsere Demokratie sieht. 


Es geht dabei nicht nur darum, dass die Menschen ihre Belange selbst entscheiden, sondern auch darum, dass sie alle Informationen haben, die sie für eine Entscheidung benötigen.
Leider ist das, und Bremerhaven ist eine dafür typische Klein-Stadt, in vielen deutschen Kommunen nicht der Fall. 
Sie bereiten durch ihr Gollum-mäßiges Verhalten den Boden für Populisten. 

Dass der Umgang mit dem Informationsfreiheitsgesetzt in Bremerhaven nicht dem Gesetz entspricht, mag dahingestellt bleiben. Klagen können hier helfen und haben in Münster ein Umdenken bewirkt.

Man bekämpft die AFD nicht mit Demos, auf denen alte Demolieder gesungen werden, sondern nur mit der realen Welt, mit Informationen und Fakten.
Denn Informationen und Fakten hassen Populisten wie der Vampir das Sonnenlicht.

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