Das WSA stellte seine Pläne für die Vertiefung der Außen- und Unterweser auf einer Info Veranstaltung am 4.11.2021 vor. Die Veranstaltung gehörte zu einer Reihe gleichartiger Veranstaltungen.
Die Pläne sind nicht neu:
Projekt W 46a für die Unterweser:
Vertiefung der Unterweser für die tideabhängige Fahrt bis Brake mit 12,80 m Tiefgang (Verbesserung um 0,9 m)
Projekt W45 für die Außenweser aus der Beschreibung:
“Vertiefung der Fahrrinne für den tideabhängigen Verkehr mit bis zu 14,50 m tiefgehenden Containerschiffen bzw. für den tideunabhängigen Verkehr mit bis zu 13,50 m Tiefgang (Verbesserung um 1,00 m) bis Bremerhaven. Derzeit können Tiefgänge bis max. 12,50 m tideunabhängig bis Bremerhaven erreicht werden. Mit dem Vorhaben soll die Befahrbarkeit für den tideabhängigen Verkehr mit bis zu 14,50 m tiefgehenden Containerschiffen bzw. für den tideunabhängigen Verkehr mit bis zu 13,50 m Tiefgang (Verbesserung um 1,00 m) bis Bremerhaven hergestellt werden.”
Grundlagen für die Pläne sind der Bundesverkehrswegeplan 2030 aus 2016 i.V.m den Bedarfsplänen sowie das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz.
(kurz, ein Schnellverfahren für bevorzugte Maßnahmen)
Frau Anne Schäfer stellte die technische Realisation vor.
Die Eingriffe sind massiv.
Negative Auswirkungen sollen durch Kompensationsmaßnahmen abgemildert werden. Wie dies erfolgen soll, und ob deren Finanzierung gesichert ist, konnte niemand sagen.
Die anschließende Diskussion zeigte die Sollbruchstellen.
Rechtliche Bedenken
Ulrich Günther vom WSA, der souverän in die Materie einführte, konnte nicht sagen, wie sich die Rechtsprechung des BVerfG auf den Bundesverkehrswegeplan auswirken wird. Man muß aber kein Prophet sein, um zu sehen, daß auf der Grundlage dieser Rechtsprechung alle Pläne auf den Tisch müssen. Der BUND hat schon Gutachten hierzu eingeholt.
Niemand kann sagen, wie sich die Rechtsprechung weiterentwickeln wird.
Dessen ungeachtet läuft es, wie schon beim OTB Bremerhaven auf eine Kosten / Nutzen Abwägung hinaus.
Kosten / Nutzen Abwägung:
Kosten:
Vorab: die Vertiefung der Außenweser und die der Unterweser müssen unterschiedlich betrachtet werden.
Für beide Maßnahmen gelten aber gemeinsam die Aussagen des Umweltbundesamtes in einem Bericht aus November 2021
Durch einen Meeresspiegelanstieg werden sowohl die Tidehochwasser als auch die Tideniedrigwasser angehoben und somit wird bei gleichbleibender Unterhaltungstiefe des Fahrwassers die Erreichbarkeit der Häfen nicht verändert. ► Ein Meeresspiegelanstieg kann zu einer verstärkten Flutstromdominanz und dadurch erhöhtem stromaufgerichtetem Sedimenttransport führen. Für die Unterhaltung der Ästuare als Seeschifffahrtsstraßen kann ein Meeresspiegelanstieg somit einen erhöhten Aufwand für die Unterhaltungsbaggerungen bedeuten. ► Ein Meeresspiegelanstieg führt zu höheren Sturmflutscheitelwasserständen entlang des gesamten Ästuars. Die Sturmflutscheitelwasserstände treten früher ein und hohe Wasserstände dauern länger an.
Quelle: Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland | Teilbericht 4: Risiken und Anpassung im Cluster Infrastruktur
Niemand kann vorhersagen wie sich die Verschlickung durch die Vertiefung und dem Klimawandel entwickeln wird. Eine Daueraufgabe und ein kaum zu kalkulierendes Risiko.
Das zeigt sich bei den Bedenken gegen die Vertiefung der Unterweser:
Die Teilnahme von Dirk Dettmers an der Anhörung war ein Glücksfall für den Verlauf der Diskussion.
Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Situation in Budjadingen, kennt die Folgen früherer Eingriffe und schildert anschaulich die Risiken der Planungen: Probleme der Versalzung des Landes mit Auswirkungen auf das Grundwasser auch durch frühere Maßnahmen. Er wies darauf hin, daß sich die Salzwassergrenze der Weser immer weiter nach Süden geschoben hat.
Die NWZ hat ausführlich über die Versalzung berichtet. (NWZ aus 2011).
Der BUND zum Lebensraum Weser.
Die massiven Eingriffe in diesen Lebensraum werden von keiner Seite bestritten.
In der Politik gibt es erhebliche Bedenken. (Norderlesen vom 23.8.2021)(NWZ vom 23.8.2021)
Nutzen:
Brake
Der Hafen in Brake ist bekannt für seine Soja- und Futtermittelimporte. Welch politischer Zündstoff sich dahinter verbirgt, zeigt eine Demonstration von Landwirten im Jahr 2019. Sie betraf das Mercosur Abkommen, ein Abkommen mit 4 südamerikanischen Staaten, das letztlich den Sojaimport und damit auch die Massentierhaltung unterstützt.
Auf diesen Zusammenhang, zwischen nachhaltiger Landwirtschaft und dem Hafenbetrieb in Brake, wiesen die Landwirte mit ihrer Blockade des Hafens hin. Sie wollen klimagerechte Landwirtschaft betreiben, dies wird aber durch das Abkommen verhindert, da dies Abkommen die Massentierhaltung bevorzugt.
Man kann schlecht einen klimagerechten Ausbau der Landwirtschaft fordern, und dann klimaschädliche Geschäfte durch massenweisen Soja- und Futtermittelimport fördern. Auch auf diesem Umstand wies Dirk Dettmars hin, wenn es um den Hafenbetrieb in Brake geht.
Bremerhaven
Die Kernfrage ist: braucht der Hafen in Bremerhaven Megagroße Containerschiffe?
Jörg Schulz, Staatsrat in Bremen für das Hafenressort, der auch auf der Sitzung anwesend war, bejahte aus verständlichen Gründen diese Frage, und wies auf die Notwendigkeit hin, maritime Infrastrukturen aufzubauen. Aber, die aktuellen Nachrichten kratzen an diesem Wachstums-Mantra.
Es ist Sand im Getriebe der Lieferketten, siehe Seite zur Hafenfusion.
Die Größe der Containerschiffe; ihr Wachstum wird schon lange angezweifelt.
Sei es aus betriebswirtschaftlichen Bedenken, oder aus Sicherheitsgründen.
Das einfache Wachstumsmantra, das Fortschreiben des Status Quo, ist nicht mehr so einfach möglich.
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Malchow hat in mehreren Beiträgen auf die Probleme großer Containerschiffe hingewiesen: (Hansa hinter PayWall)
(Wirtschaftsrat Deutschland!). Auch die Deutsche Welle berichtet. Die WIWO fasst dies in einem Beitrag zusammen:
Häfen sollten kooperieren und den Reedern deutlich kommunizieren, dass Schiffsgrößen eine Grenze haben müssen. Diese Chance ist nun verpasst.
WIWO
Der Klimawandel ist schneller als die Planungen. COP26 hat gezeigt, daß auch die Schifffahrt auf nachhaltige Strategien setzen muß. ( Seite zur Hafenfusion)
Resilienz und Nachhaltigkeit werden zum Gamechanger. Die Häfen haben in den letzten Wochen erlebt, wie Lieferketten zusammenbrechen können. Die Reedereien werden sich Gedanken machen müssen.
Zur Vertiefung der Außenweser gibt es keine einfache Antwort.
Der Klimawandel und unberechenbare Ereignisse haben gezeigt, wie empfindlich die Lieferketten sind.
Das Prinzip, Infrastrukturen auf Vorrat aufzubauen – es wird sich schon was ergeben- funktioniert nicht mehr in Zeiten hochkomplexer Lieferketten, und Forderungen nach nachhaltigen Transportlösungen.
Es finden noch weitere Anhörungen statt, die Teilnahme kann ich nur empfehlen.